Gestern starteten wir wieder in eine Tour voller schöner, aber auch trauriger und beängstigender Ereignisse.
Jeden Sonntag, wenn wir ins Auto steigen freuen wir uns auf die Tour. Noch nie kam das Gefühl auf „schon wieder raus zu müssen“. Auch wenn wir im Vorfeld nie wissen können was uns erwartet, sind wir motiviert und voller Tatendrang.
Die Lebensmittel sind gestern wieder komplett weggegangen. Wir wissen manchmal garnicht wo diese ganzen neuen Gäste plötzlich herkommen. Offensichtlich klappt die Kommunikation unter unseren Schützlingen so gut, dass es sich immer noch weiter rumspricht. „Hier gibt es gutes Essen, habe ich gehört, deshalb bin ich hier“ berichtete einer unserer neuen Gäste.
Und es gab tatsächlich gestern wieder etwas Leckeres:
- Wildeintopf mit Gemüse, Hafer und Dinkel
- als Beilage Nudeln und Reis
- Nudelsalat
- Griechischer Salat
- Pizza und Flammkuchen
- Kaffee und Kuchen
Das Essen und der Kuchen hat gerade so gereicht, dass jeder etwas bekommen hat.
Auch müssen wir die Menge an Wasser und Erfrischungsgetränken aufstocken. Die heißen Temperaturen führen zu Kreislaufproblemen und Dehydrierungen.
Wir erstellen gerade eine Liste aller Trinkbrunnen in der Stadt München um diese als Handzettel an unsere Gäste zu verteilen, damit sie immer wissen wo sie sich kostenlos mit Trinkwasser versorgen können.
Schon während der Fahrt zu unseren nächsten Stationen bekommen wir Anrufe unserer Schützlinge, wann wir endlich da sind und ob wir auch wirklich kommen. Die Sorge ist groß, wenn wir mal nicht ganz pünktlich sein können, weil es auf der vorherigen Station etwas länger gedauert hat. Die Sorge weicht der Freude aber sofort, wenn sie unsere Fahrzeuge um die Ecke biegen sehen. Hier zeigt sich wieder wie wichtig Zuverlässigkeit und Beständigkeit für unsere Schützlinge ist.
Viele sind gerade aus dem Gefängnis entlassen worden und haben ihre Geldstrafe abgesessen, wenn sie uns auf den Stationen besuchen. Sie brauchen dann erstmal ein zuverlässiges Ohr, aber auch dringend frische Kleidung. Es kam schon öfter vor, dass Gäste in der Stadelheim-Kluft vor uns standen, weil sie sonst nichts mehr haben. Offensichtlich spricht es sich auch dort rum, dass man gerne jederzeit bei uns willkommen ist, Zuspruch und Hilfe bekommt.
Daher benötigen wir aktuell dringend T-Shirts, kurze Hosen, Unterhosen, Socken und Turnschuhe um ein Erstausstattungs-Set zusammenstellen zu können.
Eine altbekannte Dame, die uns länger nicht aufgesucht hatte, freute sich gestern riesig uns wieder zu sehen. Sie hat am Dienstag Geburtstag und sagte, dass die T-Shirts, welche sie von uns bekommen hat, ihr schönstes Geburtstagsgeschenk sei.
An der letzten Station hatte unser Team dann ganz schön zu kämpfen.
Ein junger Mann kollabierte an einer Überdosis uns nicht bekannter Substanzen. Er verlor das Bewusstsein und lief binnen kürzester Zeit blau an. Geistesgegenwärtig kontaktierte Vroni den Notarzt und befolgte mit unserem Team alle telefonischen Anweisungen der Rettungsleitstelle bis zur Ankunft des Notarztes. Als dann der Atemstillstand eintrat und kein Puls mehr zu fühlen war, begann Yavuz nach Anweisung beherzt und unglaublich mutig mit der Reanimation.
Auch nach Eintreffen des Notarztes und des Krankenwagens dauerte es noch eine gefühlte Ewigkeit, bis sie den Patienten wieder stabilisieren konnten. Er wurde in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht. Vroni hat ihre Telefonnummer als Notfallkontakt hinterlassen, damit wir auch während des Klinikaufenthalts helfen können.
Natürlich war dies eine wirklich sehr belastende Situation für unser Team. Zum Glück sind wir so gut eingespielt und funktionieren ohne viele Worte.
Erst gegen 17:00 war der Großteil des Teams zurück und brauchte dann erstmal selbst ein Ohr im Kreise der Familie um das gerade Erlebte irgendwie zu realisieren und verarbeiten zu können. Schön ist es auch, dass unser Team auch nach der Tour füreinander da ist und sich gegenseitig Halt gibt.