Bei bayrisch weißblauem Himmel starteten wir gestern wieder in unsere Sonntagsausgabe.
Auch wenn tagsüber die Sonne scheint und die Temperaturen noch recht milde sind, werden die Nächte klamm und kalt.
Im Moment bekommen wir von unseren Schützlingen gehäuft erzählt, dass Diebstähle untereinander an der Tagesordnung sind. Die Ressourcen sind knapp und sobald ein Schlafplatz verlassen wird um den täglichen Toilettengang zu erledigen oder zum Flaschensammeln aufgebrochen wird, wechseln Rucksäcke, Schlafsäcke und Habseligkeiten ungefragt und unwiederbringlich den Besitzer.
Auch wenn wir so ein Gebaren nicht gut heißen und uns der Bestohlene sehr leid tut – verurteilen wollen wir das nicht, denn auf der Straße herrscht täglich der Kampf ums Überleben.
Auch gestern verteilten wir neben Lebensmitteln und warmen Speisen wieder Unmengen warme und gut gefütterte Kleidung, Schlafsäcke und Isomatten. Und dennoch müssen wir oftmals schweren Herzens den Ein oder Anderen um eine Woche vertrösten, weil wir diese dringend benötigen Hilfsgüter nicht in ausreichender Anzahl vorrätig haben.
Für uns, in unserem Alltag, mit Job, Familie, Kinder und Verpflichtungen, in einer warmen Wohnung mit vollem Kühlschrank verfliegt eine Woche im Nu. Für einen Menschen auf der Straße jedoch, kann eine Woche unendlich lang sein.
Auf kaltem, harten Steinboden, in einer zugigen Hausecke oder einem abgelegenen Park zu schlafen und allen Witterungsbedingungen und Gefahren ungeschützt ausgesetzt zu sein, kann eine Woche, gerade im Winter und ohne ausreichender Ausrüstung, über Leben oder Tod entscheiden.
Nun stellt sich natürlich die Frage, ob bei der Menge an Schlafsäcken die wir jeden Sonntag verteilen, nicht mittlerweile jeder einen besitzen sollte?
Man darf dabei aber nicht die bereits beschriebene Problematik des Abhandenkommens durch Diebstähle oder Räumungen seitens der Stadt vergessen. Auch haben diese Menschen weder die Möglichkeit ihre Habseligkeiten regelmäßig zu waschen oder nach einer verregneten Nacht zu trocknen.
Gestern trafen wir an all unseren Stationen auf etliche neue Gesichter. Viele Menschen sind gerade frisch auf der Straße gelandet. So auch eine Frau mittleren Alters, die durch Zufall auf unsere Ausgabe traf. Bekleidet war sie in einem dünnen Oberteil und einer Hose die nicht ganz bis zum Knöchel reichte. Jacke, Socken und Schuhe fehlten gänzlich. Auch sie war ganz frisch erst obdachlos geworden und ihre Verzweiflung sowie ihre Anblick, trieb dann auch einer unserer Kolleginnen die Tränen in die Augen.
Auch wenn wir in den vergangenen knapp 3 Jahren schon so unendlich viel gesehen haben, gibt es immer wieder Situationen die uns kaum glauben lassen, dass so etwas bei uns tatsächlich möglich ist.
Daher nochmal der dringende Aufruf nach wirklich warmer, wetterfester Kleidung (vorwiegend für Herren), festem Schuhwerk und Isomatten sowie Schlafsäcken.
Bitte helfen Sie uns zu helfen – vielen Dank!