Ein regnerischer Sonntagmorgen

Heute haben wir dem Regen getrotzt und viel gute Laune versprüht. Obwohl es anfangs so nass und kalt war, hatten wir eine tolle Tour. Wie schön es ist, auf alte Bekannte zu treffen. Viele beschäftigen uns gedanklich die gesamte Woche über und wir sind froh, sie am Wochenende gesund und wohlauf wiederzusehen. Auch heute hatten wir wieder tolle Begegnungen, strahlende Gesichter, sehr lustige, aber auch rührende Momente.

Die Leute warten bereits auf uns und freuen sich. Meist sind sie schon ganz aufgeregt und kommen uns freudig entgegen, wenn sie das Auto vorfahren sehen. Sie berichten uns von ihrer Woche und auch wir sind immer sehr gespannt was es zu erzählen gibt. Wir nehmen uns die Zeit und hören zu. Es wird zusammen gegessen, sich angeregt unterhalten, gelacht und auch mal geweint.

Es geht nicht rein um das Verteilen von Spenden, sondern hauptsächlich um das Menschliche, die Gespräche und das Vertrauen.

Eine große Freude war es heute Michel wieder zu treffen. Wir haben uns schon Sorgen um ihn gemacht, weil wir ihn 4 Wochen nicht gefunden haben. Es ging ihm nicht gut und er hatte mit einer Depression zu kämpfen. Umso schöner war es heute für uns, ihn fröhlich und lachend in Empfang nehmen zu können. Bei einem Teller heißer Suppe erzählte er uns von seinem Kummer und der misslichen Lage auf der Straße.

Die Menschen sind immer auf der Hut und haben keine ruhige Minute. Sie werden vertrieben und bestohlen.

Michel teilt sich sein Lager mit zwei weiteren Obdachlosen. Wenn sie Flaschen sammeln gehen um sich fürs Wochenende mit Lebensmitteln einzudecken, bleibt immer einer von ihnen am Platz und passt auf ihr Hab und Gut auf. Wenn sie zu dritt die Schlafstätte verlassen, ist es leider schon zu oft vorgekommen, dass ihnen alles weggenommen oder sie geräumt wurden.

Unsere liebe Melissa, die wir seit einem halben Jahr kennen, wurde vor ein paar Wochen von ihrem Freund verlassen und es ging ihr lange Zeit nicht gut. Heute hat sie sich von uns verabschiedet. Sie hat eine Arbeit bekommen und beginnt ab Dienstag einen neuen Lebensabschnitt außerhalb Münchens. Wir wünschen ihr von Herzen alles Gute.

Leider konnten wir heute Bernd und Sandra nicht antreffen. Die beiden sind ein ganz ungleiches aber sehr liebevolles, herzliches Paar. Wir kennen sie seit unserer allerersten Tour. Es ist immer wieder schön und kurzweilig die Beiden zu treffen. Wir hoffen, dass es ihnen gut geht und sie vielleicht in einer neuen Unterkunft Schutz finden konnten.

Auch bei unserer ersten Anlaufstelle des Tages, der Substitution, treffen wir immer wieder auf viele bekannte aber auch neue Gesichter. Antonia kam mit einem Schreiben einer Behörde auf uns zu und bat uns zu „übersetzen“. Für viele ist es schwierig die Formulare auszufüllen oder die Bürokratie und die Anforderungen zu verstehen. Auch hierbei unterstützen wir sehr gerne.

Wir konnten heute wieder viele Wünsche entgegennehmen und freuen uns diese erfüllen zu können. Es handelt sich hierbei um ganz einfache, für Unsereins banale Dinge.

Hans wünscht sich einen neuen Gürtel, damit ihm die Hose nicht immer so rutscht. Peter bittet um ein neues Paar Schuhe in Grösse 43, weil seine schon Löcher an der Sohle haben. Kathrin möchte gerne einen neuen Kapuzenpulli, Horst wünscht sich ein Nagelpflegeset und Gerd isst lieber Käse- statt Wurstsemmeln und nascht gerne Schokolade.

Wir notieren uns diese Wünsche und bringen sie das nächste Wochenende mit. Die Freude und die Überraschung ist dann immer groß. „Ihr habt euch das tatsächlich gemerkt und mich nicht vergessen?“ Für uns ist dies eine Selbstverständlichkeit!

Es sind die kleinen Dinge im Leben, die Einigen die Welt bedeuten.

(Die Namen wurden von uns geändert um die Privatsphäre unserer Schützlinge zu wahren. Wir bitten um Verständnis.)

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